Infrastrukturprobleme und Fachkräftemangel belasten die Mitarbeitenden im SPNV NRW

Ein Baustellenfahrzeug auf einer Schiene. Bauarbeiter*innen verrichten Arbeiten an der Schiene. Im hintergrund fährt ein roter Zug vorbei.

Programm

06. Februar 2024

Baustellen, massive Störungen im Netz und dadurch verlängerte Reisezeiten sowie Verspätungen betreffen nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Mitarbeitenden im SPNV. Das belegt eine Branchenbefragung von Fokus Bahn NRW, in der über 1.500 Beschäftigte aus allen Berufsgruppen ihre persönlichen Belastungsfaktoren beschrieben haben.


Deutschlandweit erreichten die Krankenstände in allen Branchen und Berufen im Jahr 2023 ein neues Rekordhoch. Doch bereits im Vorjahr 2022 schlugen die Aufgabenträger und Nahverkehrsbahnen im SPNV NRW gleichermaßen Alarm angesichts wachsender Fahrtenausfälle wegen kurzfristig erkrankter Mitarbeitender. Vor diesem Hintergrund hatte Fokus Bahn NRW das Institut für Wirksamkeitsanalyse in Essen mit einer Belastungsstudie beauftragt. 6.888 Mitarbeitende von elf Eisenbahnverkehrsunternehmen wurden im Frühjahr 2023 zur Teilnahme eingeladen. Beteiligt haben sich 1.557 Beschäftigte aus allen Berufsgruppen der elf Nahverkehrsbahnen in NRW. Das entspricht einer Rücklaufquote von 22,6 Prozent und ermöglicht repräsentative Aussagen. Hier die wichtigsten Ergebnisse:


Drei große Belastungsfaktoren

Alle Berufsgruppen im SPNV NRW bewerten die zunehmenden Infrastrukturprobleme als Hauptbelastungsfaktor für ihre Arbeit, gefolgt vom Fachkräftemangel sowie wachsenden Sorgen um die eigene Sicherheit. Denn Verspätungen und Zugausfälle bedingen auch Aggressionen bei Fahrgästen. Alle Belastungsfaktoren verschärfen sich gegenseitig. Die Mitarbeitenden sehen dadurch nicht zuletzt ihre Arbeit für die Mobilitätswende gefährdet. Dabei gilt gerade die Rolle, die der SPNV für den Klimaschutz spielen kann, als Ansporn für die eigene Arbeit.

Gesamtüberblick Belastungsfaktoren
Wahrgenommene Belastungsfaktoren im Überblick


Baumaßnahmen betreffen alle

Bei jährlich mehr als 1.000 Baustellen im NRW-Schienennetz bindet die Organisation von Verkehren große personelle Ressourcen. Kommen unvorhersehbare Infrastrukturstörungen hinzu, führt das schnell zu Stress. Insbesondere Betriebsplaner/innen, Disponent/innen und Triebfahrzeugführer/innen leiden unter dieser Situation. Die angespannte Betriebslage betrifft aber alle Berufsgruppen im SPNV.

Belastungsfaktor 1: Baustellen
Die Stresswahrnehmungen der Beschäftigtengruppen bezüglich Baustellen


Mangel an Fachkräften hält an

Die Belastungen, die das massive Baugeschehen im Netz hervorruft, werden durch den anhaltenden Personalmangel in der Bahnbranche verschärft. Während die Mobilitätswende nach zusätzlichen Fachkräften ruft, gehen im SPNV NRW erfahrene Mitarbeitende der sogenannten Boomer-Generation in den Ruhestand. Den Personalmangel spüren nicht nur die Lokführer/innen in besonders hohem Ausmaß, sondern auch die Disponent/innen und die Mitarbeitenden in den Werkstätten.

Belastungsfaktor 2: Personalmangel
Belastungen durch Fachkräftemangel/demografischen Wandel nach Tätigkeiten


Unsicherheit im Kundenkontakt

Neben dem Fachkräftemangel werden die wachsenden Sorgen um die eigene Sicherheit als Belastungsfaktor beschrieben. Hier berichten insbesondere Mitarbeitende mit direktem Kundenkontakt – Triebfahrzeugführer/innen, Kundenbetreuer/innen und Servicekräfte, dass Fahrgäste auf Verspätungen und Zugausfälle immer häufiger mit Aggressionen reagieren.

Belastungsfaktor 3: Sicherheitsgefühl
Unsicherheitsgefühl besonders empfunden bei Berufsgruppen mit direktem Kundenkontak


Vorschläge der Mitarbeitenden

In knapp 8.000 Freitextantworten beschrieben die Befragten eigene Ideen zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Dazu gehörten beispielsweise Möglichkeiten zur Fortbildung, mehr Informationen über die eigene Branche sowie Transparenz und Teilhabe an Entscheidungsprozessen.


Die Ergebnisse der Branchenbefragung


Eine Lupe durch die eine Person zu sehen ist.
Beschäftigungsoffensive des Landes erfolgreich gestartet

Als unmittelbare Reaktion auf die Branchenbefragung und als zusätzlichen Turbo für die Ausbildung hat NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer im September 2023 eine umfangreiche Beschäftigungsoffensive für den SPNV bekanntgegeben. Mit Unterstützung des Landes werden über Fokus Bahn NRW bis Ende 2024 insgesamt 24 Maßnahmen zur Gewinnung und Qualifizierung neuer Fachkräfte für den SPNV umgesetzt.